Morgengedanken – Von der Faschingszeit in die Fastenzeit

Morgengedanken
Von der Faschingszeit in die Fastenzeit
Sonntag, 02.03. – Samstag, 08.03.2025

Sonntag, 02.03.2025: Fasching – Zeit zum Lachen

Ich habe den Eindruck, dass manches in meinem Alltag nicht mehr so humorvoll ist wie früher. Zudem vermute ich, dass allzu negative Gedanken auch mein Immunsystem irgendwie beeinträchtigen können. Kränkungen und Verletzungen durch andere schaden nicht nur meiner Psyche, sondern auch meinem Körper. Vor einiger Zeit fand ich heraus, dass man sich auch wissenschaftlich mit dem Lachen auseinandersetzt, Gelotologie genannt.

Die Lachforschung meint: Beim Lachen lockern sich nicht nur die Gesichtsmuskeln, sondern auch die Gedankenmuster. Die Sicht der Dinge verändert sich. Das Herz wird weit. Ich nehme mich und meine Meinung nicht mehr so wichtig. Humor ist wie ein Lebens-Elixier, kann sozusagen wie ein Vitamin auf meinen Körper und Geist wirken. Die Fröhlichkeit, der Humor, die Lebensfreude als Schlüssel zum Herzen, ein Schlüssel zu mehr Gelassenheit und Kreativität. Daher will ich mich heute am Faschingssonntag gleich einüben darin mit einem Witz:

„Ich bin völlig fertig“, klagt die Mesnerin, als sie vom Sonntagsgottesdienst ziemlich spät nach Hause kommt. „Wieso das?“, fragt sie ihr Mann. „Der Pfarrer hat heute über eine Stunde lang gepredigt!“ „Aha – und … worüber?“ „Ja, das hat er nicht gesagt.“

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Montag, 03.03.2025: Faschingszeit – Sich beschenken lassen

Vergangenes Jahr am Faschingsmontag stand plötzlich ein Kurgast vor meiner Tür und überreichte mir Krapfen. Und er sagte mir: „Der Gottesdienst gestern am Sonntag hat mir so gutgetan, ich will Ihnen einfach eine Freude machen, Herr Pfarrer!“

Ich muss gestehen, wenn ich beschenkt werde, taucht bei mir sehr schnell der Gedanke des Mich-revanchieren-Müssens auf. Bekomme ich etwas geschenkt, denke ich sofort daran, dies wieder gut zu machen mit einem Gegen-Geschenk oder einer Gegen-Einladung bzw. mit der Frage: „Was bin ich dir dafür schuldig?“ Dieser verflixte Kreislauf kann m. E. nur durch Bescheidenheit gesprengt werden.

Mich in aller Bescheidenheit einfach beschenken zu lassen bzw. grund-los selber zu schenken. Sinn von Geschenken oder von Einladungen ist es, diese Geschenke wirklich als Geschenke zu empfangen, Einladungen ohne Hintergedanken als Einladungen anzunehmen oder auch auszusprechen, und nicht, um persönliche Ziele damit zu erreichen. Ich bin überzeugt davon, dass mir die Haltung dieser „natürlichen“ Bescheidenheit eine neue Qualität von Lebensfreude vermittelt. Wenn mir das gelingt, werden andere über mich sagen: „Du bist wirklich ein überaus liebenswürdiger Mensch!“ Die geschenkten Krapfen am Faschingsmontag motivieren mich zu dieser Liebenswürdigkeit – ohne irgendwelche Hintergedanken.

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Dienstag, 04.03.2025: „Freut euch!“ – nicht nur am Faschingsdienstag

Für Christ*innen gilt nicht nur am heutigen Faschingsdienstag: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“, so sagt es Paulus nämlich in seinem Philipperbrief (Phil 4,4): Seht nicht schwarz! Lasst euch nicht unterkriegen! Seid gelassen! Aber ist das Leben oft nicht hart genug? Und da soll ich mich freuen?

„Freut euch!“ Manche Menschen können das nicht mehr. Sie laufen herum, als ob das ganze Leben nur noch Arbeit, Anstrengung und Mühe wäre. Tiefe Sorgenfalten durchziehen die Gesichter, keine Miene verzieht sich zum Lächeln. Andere wiederum machen ihren Mund auf und es kommt nur Jammern und Klagen heraus.

Ich begegne aber immer wieder auch Menschen, die wissen sehr wohl um die Freude: Sie strahlen diese Freude aus. Ich kann sie besonders in ihren Augen entdecken. Da spüre ich richtig, dass sie gern leben, sich an Kleinigkeiten freuen können, die meisten Dinge positiv sehen. Ihre Freude kommt ganz von innen heraus, aus ihrem Herzen. Oft sind das Menschen, die viel mitgemacht haben, und trotzdem sind sie Menschen, die Lebensfreude ausstrahlen.

Freude als Grundhaltung in meinem Leben. Ich ahne, was Paulus meint: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“

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Mittwoch, 05.03.2025: Fastenzeit – Meine Schattenseiten

Aschermittwoch, die Fastenzeit beginnt. Sie ist für mich eine Zeit, in der ich auch auf meine Schattenseiten mehr achte. Schatten, damit meine ich diejenigen Teile, Seiten und Eigenschaften von mir, die mir nicht bewusst sind und die dem Ich-Ideal widersprechen. So sieht es C. G. Jung, der Schweizer Psychologe. In seiner „analytischen Psychologie“ sieht er es als Hauptaufgabe, die Menschen dazu zu bringen, diese unbewussten Schatten bewusst zu machen und sie ins Leben zu integrieren.

Die Fastenzeit ladet mich ein: Verteufle nicht deine Schatten! Verdränge, bekämpfe sie nicht. Sie sind nicht dein Feind, sie gehören zu dir. Wenn ich gegen meine dunklen Seiten kämpfe, dann werden diese noch stärker und beginnen mich zu beherrschen und zu blockieren. Schon die alten Wüstenväter und Wüstenmütter wussten das. Daher motivierten sie bereits damals im 3./4. Jahrhundert n. Chr. dazu, die eigenen Schatten zu erkennen und sie anzunehmen und sie damit zu verwandeln.

Meine Schattenseiten wieder bewusster zu machen, nicht um sie zu bekämpfen, sondern um sie anzunehmen, weil sie ein Teil von mir, von meinem Ich sind, und sie zu verwandeln, damit auch daraus Gutes wächst. Darum will ich mich in der Fastenzeit bemühen.

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Donnerstag, 06.03.2025: Fastenzeit – Auf Jesus hören

In der Fastenzeit versuche ich, intensiver auf Jesus zu hören, auf seine Botschaft. Wie kann ich denn im Hier und Heute auf Jesus hören? Und warum mache ich das?
Gerade in unserer gegenwärtigen Zeit, in unserer von so manchen Unsicherheiten und Unfrieden geprägten Zeit hilft es mir persönlich ungemein, auf Jesus zu hören. Es hilft mir deshalb, weil ich in der Bibel immer wieder Stellen finde, die mir zu vermitteln versuchen, was Menschen vor Jahrhunderten immer wieder Sicherheit, Halt und Sinn gab. Und weil diese uralten Geschichten mir auch im Hier und Heute dabei helfen, mein persönliches Leben gut zu gestalten.

Auf Jesus hören, das mache ich z. B. im Sonntagsgottesdienst, auf die Lesungen der Liturgie hörend. Auf Jesus hören, das mache ich, wenn ich tagtäglich die Bibel zur Hand nehme und meditiere, egal wie kurz oder lang. Auf Jesus hören, das mache ich, wenn ich mir Zeit nehme fürs Beten, um mit Gott regelmäßig in Beziehung zu bleiben. Auf Jesus hören, das gibt mir und meinem Leben Sinn und eine Richtung; das hilft mir dabei, mein Leben im Alltag zu meistern.

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Freitag, 07.03.2025: Fastenzeit – Glaube, wie geht das?

Die Fastenzeit ist für mich auch eine Zeit, in der ich mich genauer frage: Was bedeutet es, als Christ*in zu glauben? Dabei hilft mir der Hebräerbrief sehr, der festhält: „Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, ein Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht.“ (Hebr 11,1) Oder in der Lutherübersetzung: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“

Feststehen: Glaube hat also zu tun mit den beiden Füßen, die fest auf dem Boden stehen, und nicht mit Spinnereien, Schwärmereien, Spekulationen irgendwelcher Art! Und auf welchem Boden? Auf dem Boden dessen, was man erhofft. Ist das aber nicht ein Luftschloss? Keineswegs, weil ich glaube, dass der Mensch von seinen Hoffnungen lebt, ob er es zugibt oder nicht.

Glaube in der Bibel heißt also: Die zuversichtliche Hoffnung zum festen Boden meines Lebens zu machen, auf dem ich mit beiden Beinen stehe, und in dieser Haltung mein Leben zu gestalten. Mein Glaube als „feste Zuversicht“ auf das, was ich hoffe, darin will ich mich jetzt in der Fastenzeit intensiver einüben.

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Samstag, 08.03.2025: Fastenzeit – Zeit der Versöhnung

Fastenzeit bringe ich immer wieder auch mit dem Thema „Versöhnung“ in Verbindung und dabei ist mir das „Gleichnis vom barmherzigen Vater“ (Lk 15,11-32), wie ich es viel lieber nenne, und nicht „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ im 15. Kapitel des Lukasevangeliums besonders ans Herz gewachsen.

Diese Geschichte will ent-ängstigen, finde ich, will Mut zusprechen: Ein Neuanfang auch unter schwierigen Umständen ist möglich. Versöhnung ist schwer und fällt schwer. Die Grundversöhnung und auch die Einsicht beginnen bei mir selber in meinem Herzen, zeigt mir die Person des „verlorenen“ Sohnes. Erst dann wird Versöhnung mit dem anderen, mit dem Vater, mit Gott möglich.

Das „Gleichnis vom barmherzigen Vater“ zeigt mir, dass das Erbarmen Gottes alle Differenzen überbrückt. Auch der Verlorenste hat Chance auf Rückkehr bei noch so vielen Um- und Irrwegen in seiner Lebensgeschichte. Statt Strafe ein Kuss des Vaters. Gott schenkt mehr als nur Versöhnung. Die Kraft der Liebe achtet letztlich nicht auf Fehler, Schuld und Sühne. Deshalb macht der Vater mit einem Kuss den Fehler seines Sohnes wieder gut. Ist das nicht ein tiefes, ein absolut schönes Zeichen wie Gott mit mir und mit meinem Scheitern, mit meinen Fehlern umgeht?

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